Erdkinderplan
Der Erdkinderplan ist ein Konzept von Maria Montessori, das darauf abzielt, Kindern eine ganzheitliche, praxisorientierte Bildung zu bieten, die eng mit der realen Welt und der Natur verbunden ist. Montessori verstand unter dem „Erdkinderplan“ eine Entwicklungsphase, in der Kinder in einer „gemeinsamen Lebensgemeinschaft“ zusammenarbeiten und durch praktische Erfahrungen und Herausforderungen ihre sozialen, emotionalen und intellektuellen Fähigkeiten entfalten können. Der Plan fördert das Lernen durch eigenständiges Handeln und die Auseinandersetzung mit der Umwelt, wobei die Kinder Verantwortung übernehmen und ihre Selbstständigkeit stärken. Die Umsetzung des Erdkinderplans in unserer Schule findet in jährlichen Herausforderungen und in einer Kooperation mit dem Biohof Blumenthal statt.
Die jährliche Herausforderung
Die Erdkinderstufe umfasst die Klassen sechs bis acht. Jedes Jahr findet eine Herausforderung statt. In den letzten Jahren waren das ein Alpenüberquerung, eine Fahrradtour durch Bayern und ein Surfcamp am Atlantik. Beim Durchlaufen der Erdkinderstufe konnte jedes Kind also einmal an jeder Herausforderung teilnehmen. Für das kommende Schuljahr ist wieder eine Alpenüberquerung geplant, wobei sich in der Zukunft auch noch andere Herausforderungen ergeben können.
Alpenüberquerung
Wir müssen unseren Kindern und Jugendlichen unsere Welt zeigen und bekanntmachen, damit sie selbst in der Lage sind sie zu gestalten. Sie müssen erfahren dürfen, dass sie das, was sie sich vornehmen, schaffen können und etwas verändern können. Die Teilnehmer*innen der Alpenüberquerung haben ein ganzes Land durchquert, tausende an Höhenmetern bewältigt, Gipfel und Täler hinter sich gebracht und haben ca. 170km in 6 Tagen zurückgelegt; was könnte sie in Zukunft noch aufhalten?

Unsere Alpenüberquerung startete mit unserem Bergführer Alex von der Alpinschule Augsburg bei sengender Hitze in der Spielmannsau in Oberstdorf. Der steile Weg führte uns entlang der Trettnach den wilden Sperrbachtobel hinauf bis zur Kemptner Hütte auf 1842m. Die Herausforderung, nicht nur mit den hohen Temperaturen umzugehen, sondern auch mit einem einheitlichen Tempo den Berg zu besteigen und dazu unsere Pausen abzustimmen, meisterten wir mühelos.
Oben angekommen wartete die erste Regeneration mit gutem Hüttenessen und Spielen in geselligen Runden. Wir machten es uns unter dem Dach in unserem Bettenlager gemütlich und stimmten uns gemeinsam auf die kommenden Tage ein. Von der Kemptener Hütte führte uns der Weg am kommenden Morgen am Grenzstein zu Österreich vorbei und wir verließen die Bundesrepublik Deutschland in strömendem Regen. Unser Zwischenziel, der Ort Holzgau, lag talwärts auf der anderen Seite einer Klamm, die nur von einer Hängebrücke überspannt war, welche 105m über dem Tal hing.

Nach einer kurzen Rast und einer kleinen Stärkung folgte ein viel zu früh endender Bustransfer, welcher uns wegen einer Baustelle zusätzliche 2 1/2h und weitere 400 Höhenmeter zu Fuß einbrockte. Als wir schließlich vom Ort Kaisers aus aufbrachen, um das Kaiserjoch Haus zu erreichen, ahnten wir nicht, dass wir noch über enge Serpentinen und über reißende Bäche schreiten mussten. Gemeinsam bewältigten wir auch diese Hindernisse, passierten die ersten Schneefelder und ruhten alsbald zu Nacht, beschützt vom Hüttenhund Shaila, auf 2310m Höhe.
Der Morgen brachte uns einen schlammigen Abstieg und wenig Sicht. Es zeichnete sich ab, dass wir uns weniger auf gleichbleibende Bedingungen einstellen konnten und Anpassungsfähigkeit geboten war. Mit zunehmenden Herausforderungen wuchs gleichsam der Zusammenhalt in der Gruppe. Nach dem Abstieg brachte uns ein planmäßiger Bustransfer nach Landeck.

Hier trafen wir Lisa, unsere zweite Bergführerin, die uns ab dem Folgetag leiten sollte. Wir stiegen in nun geübter Ordnung, langsam und stetig durch enge Waldwege, unterbrochen von malerischen Almwiesen, schließlich über Pferdekoppeln zur Skihütte Zams in 1780m Höhe auf. Hier begrüßte uns ein wundervolles Alpenpanorama bei unvergleichlichem Weitblick.
Für andere Gruppen sorgte unsere Heiterkeit auch nach den Strapazen der bereits zurückgelegten Etappen immer wieder für Erstaunen. Wir erfreuten uns an respektvollen Blicken, jubelnden Zurufen und auch der Gewissheit, dass wir mit ihnen eine Herausforderung teilen. Wiederkehrende Begegnungen mit verschiedenen anderen Alpinist*innen zeigten uns, dass nicht nur wir einem Ziel folgten und wir über unseren Weg mit anderen fremden Menschen zumindest für den Zeitraum von einer Woche verbunden waren.

Eine Gondel brachte uns zu einem erholsamen und gleichsam atemberaubenden Höhenweg. In Wenns stiegen wir ab mit dem Pitztal im Blick. Im Gletscherstübele rasteten wir und sammelten unsere Energie für den kommenden Aufstieg entlang eines gewaltigen Wasserfalls zur Braunschweiger Hütte auf 2759m Höhe. Wir ließen das Geröll der sommerlich zweckverweisten Skipiste hinter uns, trotzten der Sonne, rüsteten uns mit Steigeisen für Schneefelder aus und sehnten uns nach der wohlverdienten Sicht auf die Hütte.
Die Freude und der Stolz auf das Geleistete war überwältigend, als wir feiernd und uns teilweise in den Armen liegend unser Tagesziel erreichten. Die Sonne verneigte sich alsbald vor unserer Leistung und belohnte uns mit einem der schönsten Sonnenuntergänge. Umgeben von grauen Giganten waren wir vergleichsweise klein, dennoch galt unser aufwärtsgewandter Blick dem Kamm, der die morgige Herausforderung bieten sollte.

In aller Frühe richteten wir gut gelaunt und erholt unsere Aufmerksamkeit auf das Vorunsliegende. Ein Helikopter, der zwei Wanderer von der Hütte abholen musste, zeigte uns, dass unser Unterfangen nicht auf die leichte Schulter zu nehmen war. Unbeirrt davon belasteten wir unsere Schultern allerdings nur mit unseren zur Gewohnheit gewordenen Rucksäcken und gingen selbstbefreit und sicheren Trittes über den Kamm, querten ihn ostwärts und stiegen über ein großes Schneefeld ins Ötztal ab.
Ein märchenhafter Höhenweg brachte uns der letzten Hüttenübernachtung auf der Martin-Busch-Hütte näher. Bei stetiger Steigung trugen uns unsere Füße am Lauf des Schalfbaches entlang, dem Alpenhauptkamm und somit der österreichisch-italienischen Grenze entgegen. Der erbarmungslos gradlinige und sehr lange Weg konnte unsere Entschlossenheit nicht brechen. Wir verweigerten uns der schlechten Stimmung und genossen unseren Zusammenhalt oben angekommen in unserem gemeinsamen Bettenlager unter dem Hüttendach, unweit der Fundstelle der Gletschermumie Ötzi.

Ein letzter Anstieg vorbei am Fundort diesen Teils der Menschheitsgeschichte läutete für uns das letzte Kapitel unserer eigenen Wanderschaftsgeschichte auf über 3000m Höhe ein. Eine mittlerweile eingeschworene Gemeinschaft hatte nun den höchsten Punkt des Unterfangens erreicht. Von der Similaun-Hütte am Niederjoch auf 3019m Höhe aus überschritten wir die Grenze nach Italien. Als unsere Bergführerin ein paar Stunden später auf italienischer Seite einen Stein zu unseren Füßen als symbolisches Ende unserer Alpenüberquerung benannte, hatten wir unsere Herausforderung gemeistert und waren von nun an Alpenüberquerer*innen.
Am Pool unseres Hotels in Meran badeten wir nicht nur in den Eindrücken unserer Reise. Noch immer nicht müde flanierten wir durch die warme Nacht der Stadt in Südtirol. Die Zugreise heimwärts verging wie im Fluge und gemeinsam trafen wir uns dort, wo unsere Reise begann, am Augsburger HBF noch einmal im schulterschließenden Kreis.
Sechs Tage waren vergangen und jeder der Teilnehmer*innen wird andere Erinnerungen, Eindrücke und ganz persönliche geschenkte Momente mitnehmen. Was wir am Ende unserer Reise besprachen, als wir darüber in großer Runde reflektierten, was wir eben nun in unseren „Rucksäcken“ mitgenommen haben, bleibt unser persönliches Geschenk an uns selbst. Ihr Leser*innen müsst euch mit einem Reisebericht begnügen.
Vielen Dank an die Schöffel Stiftung, die unsere Alpenüberquerung mit einer Spende unterstützt hat!
Fahrradtour durch Bayern
400 Kilometer, 23 Schüler*innen, 6 Tage. Das bedeutet täglich 60 bis 70 Kilometer mit dem Fahrrad, mit steilen Aufstiegen, bei sengender Hitze oder plötzlichen Unwettern.
Am 8. Juli 2004 ging es los: Die Schüler*innen und begleitenden Pädagog*innen standen mit vollbepackten Satteltaschen (Zelt, Schlafsack und Isomatte inklusive) am Kuhsee bereit. Das Ziel: Mittenwald in den Alpen.

Schon am zweiten Tag wartete die erste große Bewährungsprobe: Bei 30 Grad im Schatten und neben einigen Pannen ging auch noch ein kleines Grüppchen verloren. Zum Glück inklusive eines Lehrers – der jedoch über sein Handy leider nicht erreichbar war. Der Zeitdruck stieg, denn die Gruppe musste eine Fähre zum Campingplatz erwischen. Glücklicherweise fanden sie nach einiger Zeit wieder auf den richtigen Weg zurück und erreichten die Fähre gerade noch rechtzeitig. „Und letztlich ist jeder mindestens einmal verloren gegangen“, lacht Johann, 14.
Auch lockeres Gepäck sorgte für Verzögerungen – aber auch für viel Spaß. Als ein Schüler seine Satteltaschen verlor, half Johann zusammen mit zwei Mitschülern und einem Pädagogen, das verlorene Gepäck wieder einzusammeln und die Taschen sicher zu befestigen. Danach musste das kleine Grüppchen den Rückstand zu den anderen aufholen – „und wir konnten endlich mal richtig schnell fahren, bis zu 35 km/h“, erzählt Johann begeistert. Denn normalerweise war die gesamte Gruppe mit einem eher gemütlichen Tempo unterwegs.

Doch nicht nur die sportliche Leistungzählte, auch das gemeinsame Kochen auf Campingkochern sorgte für jede Menge Spaß. Dieselbstgemachten Mahlzeiten bezeichnen die Jugendlichen mit einem Augenzwinkern als „die bestender Welt“. Denn am Ende eines jeden Tages erreichte die Gruppe erschöpft, aber stolz ihre Campingplätze. Inmitten der Natur, oft direkt an Badeseen, schlugen sie ihre Zelte auf, was besonders bei den heißen Temperaturen eine willkommene Abkühlung bot. „Das Wasser war toll“, schwärmt Lennard, 14, „wir konnten fast jeden Tag schwimmen gehen.“ Für Vivi, 14, war das gemeinsame Schauen des EM-Halbfinales ein besonderes Highlight, während Malin, 12, von der wunderschönen Rückfahrt entlang der Isar begeistert war.

Die Wetterbedingungen machten die Tour zusätzlich spannend: Von drückender Hitze bis zu heftigen Regengüssen erlebten die Radelnden so einiges. Doch die Jugendlichen waren (auch dank der Schöffel Stiftung) gut ausgestattet und für jedes Wetter gerüstet – zumindest theoretisch. Ella, 12, erinnert sich an einen besonders intensiven Regenschauer. Da sie und ihre Freundin sich das Gepäck teilten und ihre Freundin weit voraus war, hatte Ella keine Regenkleidung griffbereit und musste tropfnass weiterradeln. Sie erzählt es mit einem Lachen, der Abenteuerlust tat es also keinen Abbruch. Im Gegenteil: Gerade diese kleinen Missgeschicke trugen viel zur Abenteuerstimmung bei. Ebenso die unvorhergesehenen Hindernisse wie platte Reifen oder abgesprungene Ketten.

Am vorletzten Tag der Reise drohte ein Unwetter mit Starkregen und Gewitter. Um auf Nummer sicher zu gehen, entschieden die Lehrer, nicht auf dem geplanten Campingplatz zu übernachten, sondern in der nahegelegenen Montessori-Schule Starnberg. Das erwartete Unwetter verzögerte sich jedoch und die Jungs nutzten die Gelegenheit, auf dem Fußballplatz zu bolzen. „Es war total lustig“, erzählen Johann und Lennard, 14, „auf dem nassen Platz sind wir bei jedem zweiten Schritt im Matsch gelandet.“ Als das Gewitter schließlich eintraf, saß die Gruppe sicher in der Mensa. Plötzlich schlug ein Blitz in einen Strommast ein – das Licht ging aus und ein Alarm begann zu heulen. „Da haben wir uns schon ein bisschen gegruselt“, gesteht Ella. Doch die Situation wandelte sich schnell in eine spannende Gelegenheit für Gruselgeschichten, die die Kinder und Jugendlichen einander erzählten. Und als das Licht endlich wieder funktionierte, klappte es dann auch mit dem Einschlafen.
Am Ende kamen alle erschöpft, aber stolz wieder in Augsburg an und schlossen ihre 400 Kilometer lange Reise ab – mit vielen Geschichten und neuen Erfahrungen im Gepäck.
Surfcamp am Atlantik
Dieses Jahr findet das erste mal das Surfcamp in St. Girons Plage statt. Dieser 130 km südwestlich von Bordeaux liegende Küstenort bietet perfekte Surfbedingungen.
Die Erdkinderstufe wird sich für ihren Aufenthalt von 12 Tagen in zwei Gruppen einteilen, die sich abwechseln. Während die erste Gruppe am Surfunterricht teilnimmt, ist die zweite Gruppe für die Verpflegung zuständig. Die Selbstversorgung beinhaltet sowohl den Einkauf als auch die Zubereitung der Speisen in einem Küchenzelt.
Die Surfgruppe erlernt durch ein mehrköpfiges Team von ausgebildeten Surflehrer*innen an 4 Stunden Programm am Tag unter Berücksichtung der optimalen Wellenbedingungen und Gezeitenstände das Surfen.
Das Zeltdorf auf einem Campingplatz mitten in einem Pinienwald hält Tunnelzelte mit jeweils zwei Schlafplätzen, sowie Angebote für die Freizeit wie Boule-Platz, eine Beachvolleyballanlage, Tischtennisplatten und ein Basketballfeld bereit.
Kooperation Blumenthal
Schloss Blumenthal liegt 20 Minuten von Augsburg entfernt und betreibt neben einem Hotel auch einen Biohof mit einer solidarischen Landwirtschaft. Mit Ziegenhaltung, eigener Käserei, Hofladen und Landwirtschaft bietet es unseren Schüler*innen ein breites Feld an Möglichkeiten, Eigenes zu erschaffen, sich selbst zu erproben und Kreisläufe der Natur zu beobachten.
Ziegen
Die artgerechte Haltung von 80 Ziegen ist verantwortungsvolle Arbeit. Die Schüler*innen der Erdkinderstufe unterstützen hier tatkräftig und helfen zum Beispiel beim Misten und der Instandhaltung des Elektrozauns. Außerdem muss die Weide mit Baumstämmen bestückt werden, oder Äste als Streu gehäckselt werden.
Die Ziegenmilch wird zu Käse verarbeitet, ein Prozess, der den Schüler*innen nicht nur den Umgang mit natürlichen Ressourcen näherbringt, sondern ihnen auch zeigt, wie wichtig ein respektvoller Umgang mit Tieren ist. Im Gegensatz zur industriellen Produktion dürfen die Zicklein auf Schloss Blumenthal zwei Monate lang bei ihren Müttern säugen, statt nach wenigen Tagen getrennt zu werden.
Und natürlich müssen die Ziegen auch ausgiebig gestreichelt werden.



Esel und Co.
Neben Ziegen leben Esel und Lamas auf Schloss Blumenthal. Auch hier wird Wert auf eine artgerechte Haltung gelegt. Bei den wöchentlichen Besuchen 2023 halfen die Schüler*innen den Stall umzubauen. Während der Pflege und Spaziergängen mit den Tieren lernen die Jugendlichen auf ihre Signale zu achten und die Körpersprache zu lesen. Da Esel gemütliche und eigensinnige Tiere sind, werden Geduld und Einfühlungsvermögen geschult.
Auch Schweine in Freilandhaltung, die Hofkatzen sowie eine artenreiche Vogelwelt bieten unseren Schüler*innen ein breites Spektrum an Entdeckungsmöglichkeiten.

Baugruppe
In dieser Gruppe wird angepackt. Hier wird schon mal ein Baum gefällt und danach auf einen Traktor verladen. Dabei steht der Arbeitsschutz an erster Stelle, und unsere Jugendlichen bekommen ein Verständnis dafür, was es heißt mit schwerem Gerät zu arbeiten. Die Mitarbeiter von Blumenthal zeigen ihnen im Vorfeld ihre Schutzausrüstung und klären auf, in welchen Bereichen unsere Schüler*innen sich während der Fällung sicher aufhalten können.
Doch es wird auch selbst Hand angelegt. In Eigenarbeit wurde ein grünes Klassezimmer gebaut, das jedes Jahr aufs Neue viel Arbeit und Pflege bedarf. Unter Anleitung eines Schreiners werden hier Plattformen, Baumhäuser, Bänke aus Holzstämmen und vieles mehr gebaut.



